Dominique BELA
« Ich baue immer noch meine Künstleridentität auf »

Als Schauspieler, Regisseur und Journalist gehört Dominique Bela zu den Künstlern/-innen, die von der Bérénice-Factory, unter anderem bei der Entwicklung seines Stückes Der Chef ist der Chef, auch in Unterhose, unterstützt wurde.

Sie waren Journalist in Kamerun, kamen 2013 nach Belgien und sind dort Schauspieler geworden. Entstand Ihre Kunst also aus dem Exil heraus?  

Ich schrieb schon ab und zu literarische Rezensionen, aber ich hätte mir nie vorgestellt, im Theaterbereich aktiv zu sein. Als ich im Auffanglager des Roten Kreuzes Bierset (Lüttich) lebte, haben uns Schauspieler aus der Nimis Groupe – einem Kollektiv, das sich mit Migrationspolitik auseinandersetzt – darum gebeten, von unserer Abreise aus unserer Heimat und unserem täglichen Schmerz zu erzählen. Daraus entstand das Stück Die, die ich getroffen habe, haben mich vielleicht nicht gesehen. Später, als ich mich noch im Asylbewerbungsprozess befand, habe ich die Aufnahmeprüfung des Königlichen Konservatoriums Lüttich bestanden. Ich habe schließlich das Stück Der Chef ist der Chef, auch in Unterhose geschrieben und schreibe gerade ein neues.

Ihre Stücke erzählen vom Exil, vom Fremdsein… Der Stempel „geflüchteter Künstler“ ist für Sie allerdings quälend. Ist es nicht ein unlösbarer Widerspruch?

Ich will engagiertes, gemeinnütziges Theater machen. Vielleicht werde ich in einigen Jahren von anderen Themen sprechen, sogar mit belgischem Akzent (lachend). Momentan zehre ich von diesen Fragen und reife daran. Ich bin hier und gleichzeitig dort, mit ihnen in den Lagern. Ich habe zwar seit fünf Jahren einen Aufenthaltstitel, aber es gibt immer etwas, das mich daran erinnert, dass ich hierher nicht gehöre. Wenn ich meine Papiere verliere, spüre ich sofort, wie Andere verdächtigen.

Wie viele afrikanische Theaterregisseure gibt es denn in Frankreich oder in Belgien? Humor hilft mir, Abstand zu dieser Realität zu nehmen. Dennoch, das gebe ich zu, hinterfrage ich meine eigenen Absichten. Während ich immer noch meine Künstleridentität auf aufbaue, hängt mir noch stark die Identität als Migrant an, als „artiste issu de la diversité“ wie die französische Sprache es so schön formuliert, wortwörtlich „Künstler aus der Vielfalt“. Das ist die Schattenseite. Ich will nicht als kleiner Afrikaner mit exotischen Tönen „verkauft“ werden. Ich wünschte, man würde meine Hautfarbe vergessen.

Am Anfang bedankte ich mich ständig. Bevor mir die dahinterstehende paternalistische Logik bewusst wurde. Zum Glück wage ich es heute fordernd zu sein, auch in meinen Stücken. Dieser Behauptungsprozess ist wichtig, kann aber falsch interpretiert werden, weil man damit rechnet, dass wir doch ständig katzbuckeln.

Wie hat Ihnen das Bérénice-Projekt geholfen?

Ich hatte schon angefangen, Theater zu spielen, als sie mich dazu eingeladen haben, meine Geschichte im Rahmen des ersten Bérénice-Kolloquiums in Trier zu erzählen. Dann bot mir das Kulturzentrum Eupen eine Künstlerresidenz an. Zehn Tage lang durften wir, die Regisseurin, der Musiker und ich, einen Raum mit der gesamten technischen Ausstattung benutzen. Unterkunft, Kost und Vergütung gehörten dazu. Für einen Schauspieler, der es schwer hat, war das der Himmel auf Erden. Theaterhäuser sind mit Anfragen von Künstlern allgemein überfördert. Also stellen Sie sich vor, wie schwer es dann für ausländische Künstler sein muss! Zusätzlich zu der materiellen Unterstützung erlaubte mir das Kulturzentrum Eupen, Workshops in der Bantusprache Eton zu leiten. Ich bin in Kontakt mit Theatereinrichtungen in der Großregion getreten, mit denen ich schon jetzt angefangen habe, zu arbeiten. Dadurch kann ich meine beruflichen Ziele besser planen. Ich weiß nun, dass ich anderen Geflüchteten, die sich einen Durchbruch im Theaterbereich oder mit anderen künstlerischen Formen wünschen, helfen will, indem ich eine eigene Unterstützungsstruktur aufbaue.

Wie kann man Ihrer Ansicht nach Exilkünstler am besten begleiten?

Auf keinen Fall durch Bevormundung! Im Bérénice-Netzwerk habe ich dies auch nicht erfahren. Das Kulturzentrum Eupen agierte in aller Bescheidenheit. Ich fühlte mich respektiert und das spielte eine wesentliche Rolle für die Stärkung meines Selbstvertrauens. Die Subtilität besteht darin, Dinge anzudeuten, damit die identitätssuchende Person sich selbst die Frage stellt: Was möchte ich tun? Dass man in seinem Land mit einer bestimmten Kunst zu tun hatte, den einen Beruf ausübte oder besonders geschickt in etwas war, bedeutet bei weitem nicht, dass man hier dasselbe tun möchte. Menschen sind in Bewegung.