Dominique ROODTHOOFT
« Ich will keine Horden von depressiven Menschen produzieren »

Als Regisseurin der belgischen Kompanie Le Corridor gehört Dominique Roodhooft zu den Künstlern/-innen, die ausgewählt wurden, um ein Stück für die Bérénice-Caravane zu entwickeln. Mit ihrem Team präsentierte sie das Stück Patua Nou, bei dem Erzählungen und Zeugenaussagen nach bengalischer Tradition in Form von illustrierten und gesungenen Rollen, Patachitras genannt, ausgerollt werden.

Sie waren Sozialarbeiterin, bevor sie zur Regisseurin wurden. Warum haben Sie diesen Beruf aufgegeben?

Ich habe ihn sieben Jahre lang in einem psychosozialen und medizinischen Zentrum ausgeübt. Ich arbeitete mit Kindergärten und Grundschulen. Ich mochte meinen Job, aber die Lehrer wollten, dass ich ihnen dabei helfe, die Familien zu ändern, während diese nicht darum gebeten hatten. Wenn die Familien der Schule nicht angemessen waren, wäre es einfacher gewesen, die Schule zu verändern. Eines Tages sagte mir eine Lehrerin „Sehen Sie was für Probleme dieses Kind hat!“. Da machte es klick. Schon längst machte ich Amateurtheater. Ich habe gekündigt, besuchte zwei Jahre lang das Konservatorium und gründete schließlich meine Kompanie.

Trägt Ihr Theater sozusagen eine soziale Botschaft?

In erster Linie versuche ich, die vorherrschende Botschaft „Die Welt ist kaputt“ nicht weiterzutragen. 2009 inszenierte ich das Stück Wenn Sie einen Affen zur Verzweiflung bringen, lassen Sie einen verzweifelten Affen leben. Als Künstler haben wir die Verantwortung, Phantasiewelten neu zu schaffen, Lebensenergie einfließen zu lassen, die Bühne zum Ort neuer und erfundener Organisationen zu machen, um bei den Zuschauern neue Erwartungen zu wecken. Sonst produzieren wir Horden von depressiven Menschen. Ich will raus aus der gefälligen Traurigkeit, die zur Wut und Machtlosigkeit führt.

In Patua Nou behandeln Sie das Exilthema auf feine und poetische – aber nie dunkle – Weise. Ist es für Sie eine Selbstverständlichkeit?

Ich habe nach einem ästhetischen Ansatz gesucht, der die gewöhnlichen Klippen umschifft: die Instrumentalisierung von Migranten auf der Bühne im Dienst meiner Botschaft; die puren Zeugenaussagen, die keine künstlerische Form ergeben und damit auch keine neuen Türen öffnen; das Anprangern, das einen Standpunkt durchdrückt und keinen richtigen Dialog mit dem Publikum ermöglicht. Ich habe beschlossen, mit jungen belgischen Schauspielern zu arbeiten, die ihre eigenen Familiengeschichten hinterfragten. Das Singen und das Zeichnen erleichterten den Übergang zwischen dem intimen und dem öffentlichen Raum, ohne die kleinen privaten Geschichten in den Vordergrund zu stellen.